Montag, 29. März 2010

Der Horror auf dem Schlachthof, Tagesthemen, ARD 29.03.10

Es kann keine Schlachtung ohne großes Leid geben...

http://www.tagesthemen.de/inland/tierqualen100.html
Im Schnitt isst jeder Deutsche um die 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr. Dass dafür Tiere geschlachtet werden müssen, ist klar. Dies soll eigentlich möglichst schmerzfrei geschehen. Fachleute erheben aber den Vorwurf, dass viele Tiere schlimmste Qualen erleiden.

Von Patrick Hünerfeld, SWR

Der Tierarzt Klaus Tröger kennt fast jeden Schlachthof in Deutschland und viele andere in Europa und anderswo in der Welt. Er leitet das bundeseigene Max-Rubner-Institut für Sicherheit und Qualität bei Fleisch [http://www.mri.bund.de/de/institute/sicherheit-und-qualitaet-bei-fleisch.html]. Sein großes Thema ist der Tierschutz beim Schlachten.
"Wenn man jetzt den Tierschutz gewichten wollte bei der ganzen Fleischproduktionskette, angefangen von der Landwirtschaft über den Transport bis zur Schlachtung, dann ist mein Eindruck, dass bei der Schlachtung die größten Defizite existieren."
Fleischversorgungszentrum Mannheim, ein Vorzeigeschlachthof: Die Tiere werden mit CO2 betäubt. Keine Augenreflexe, keinerlei Schmerzempfinden. Trotz Fließband hat der Stecher genug Zeit, die Tiere zu entbluten und sterben zu lassen. Aber hier werden auch nur 180 Schweine pro Stunde geschlachtet. In einem hochindustrialisierten Schlachtbetrieb ist das anders.
"Wir haben heute Schlachtzahlen von über 1500 Schweinen pro Stunde auf einer Linie. Sie können sich vorstellen, wie viel Zeit der Stecher z.B. hat, um ein Schwein tiergerecht abzustechen, das sind wenig mehr als 2 Sekunden. Wenn der große Gefäße verfehlt, was bei dem Schlachttempo durchaus mal der Fall sein kann, oder gar mal ein Tier übersieht und das Tier gar nicht sticht, dann sind die Tiere ganz schnell nach der Schlachtbank wieder wach. Und es gibt definitiv heute kein Kontrollsystem diese Tiere dann vor dem Verbrühen in dem anschließenden Brühsystem zu retten. Und ich denke mal, das ist absolut nicht akzeptabel."
Bis zu 1% der Schlachtschweine sterben erst beim Überbrühen, schätzt Klaus Tröger nach seinen Untersuchungen. Rein rechnerisch werden bei uns demnach jährlich über 500.000 Tiere unnötig gequält.
Bei Rindern ist die Sache nicht besser. Die werden seit Jahrzehnten mit Bolzenschuss betäubt. Genau das gelingt aber häufig nicht, ist ein Rinderhirn doch nur apfelsinengroß. Solche Fehlschüsse gibt es bei bis zu 7% der Tiere, so Tröger. Rein rechnerisch sind das über 200.000 Tiere im Jahr.
"Trotz allem werden solche Tiere dann weiterbefördert. Es werden Gliedmaßen abgesetzt. Das Tier wird als Kreatur in diesen Betrieben nicht mehr wahrgenommen. Ich denke, dass dort, die Dinge die man dort täglich sieht, dass eine gewisse Abstumpfung eingetreten ist – und dass seitens der Öffentlichkeit hier auch kein Druck ausgeübt wird, weil die breite Öffentlichkeit, der Verbraucher, diese Zustände nicht kennt." […]
Technisch möglich wäre eine Fixierung des Kopfes, die Fehlschüsse nahezu ausschließt.
Technisch möglich wäre eine automatische Kontrolle, ob die Tiere tot sind – vor dem Verbrühen.
Aber vorgeschrieben sind solche Maßnahmen nicht. Ob die Schlachthöfe freiwillig etwas ändern? Wohl kaum, solange wir Fleischesser nur darauf schauen, dass unser Schnitzel gnadenlos billig ist.